
Was die Keto-Diät kann und wie sie funktioniert
Soziale Netzwerke sind voller Empfehlungen für verschiedene Diäten, doch einige bleiben unabhängig von Trends populär. Eine davon ist die Keto-Diät, also eine Ernährung mit wenig Kohlenhydraten. Doch während Wissenschaftler beginnen zu verstehen, wie diese Diät funktioniert, kommen auch mehr Risiken ans Licht.
Die kohlenhydratarme, fettreiche Diät wurde erstmals in den 1920er Jahren als Behandlung für Epilepsie populär. Auch heute wird sie noch zur Behandlung von Epilepsie und inzwischen auch bei Typ-2-Diabetes eingesetzt. Zudem ist sie sehr verbreitet als Methode zur Gewichtsabnahme, berichtet rts.rs.
Dr. Javier Gonzalez, Professor an der Universität Bath und Ernährungsspezialist, hat die Vorteile und Risiken der Keto-Diät untersucht.
Was man bei der Keto-Diät isst
Die ketogene Diät ist eine Variante der kohlenhydratarmen Ernährung. Wie Prof. Gonzalez im Interview mit dem Guardian erklärt, besteht das Frühstück zum Beispiel aus einem Käseomelett. Zum Mittagessen gibt es Lachs und Gemüse – allerdings kohlenhydratarmes Gemüse, also kein stärkehaltiges – und etwas Ähnliches zum Abendessen. Eine Art fettreiches Fleisch und Gemüse mit wenig Stärke – grünes Blattgemüse, aber keine Karotten oder Kartoffeln.
Sogar Vegetarier können eine ketogene Diät machen, obwohl es für sie etwas komplizierter ist. Ihre Ernährung würde hauptsächlich aus Avocados und Nüssen bestehen. Doch wie der Professor anmerkt, kann die ketogene Diät aufgrund der benötigten Lebensmittel das Haushaltsbudget stark belasten.
Das Geheimnis der ketogenen Diät
Diese Ernährungsweise hilft offensichtlich Menschen mit Epilepsie, was auf einen spezifischen Effekt der ketogenen Diät hinweist.
„Wenn wir die Kohlenhydratzufuhr stark einschränken, beginnt unser Körper, Fett als Energiequelle zu verbrennen. Und wenn die Leber großen Mengen an Fettsäuren ausgesetzt ist, wandelt sie einen Teil dieser Fettsäuren in sogenannte Ketonkörper um. Wenn wir hohe Mengen dieser Ketonkörper im Blut sehen, die von der Leber produziert werden, befinden wir uns technisch gesehen in der Ketose – daher der Name ketogene Diät. Diese Ketonkörper können sowohl von den Muskeln als auch vom Gehirn als Energiequelle genutzt werden. Und das könnte einer der Mechanismen sein, wie sie das Risiko epileptischer Anfälle beeinflussen“, erklärt Prof. Gonzalez.
Diese Ketonkörper haben aber auch viele andere Effekte als Signalmoleküle, nicht nur als Energiequelle, ergänzt der Professor. Wahrscheinlich haben wir sie im Laufe der Evolution entwickelt, um auch während Fastenzeiten Energie zu produzieren.
Wenn man hungrig ist oder fastet, fehlt dem Gehirn Energie, da es hauptsächlich Glukose und Laktat nutzt, die kohlenhydratähnliche Moleküle sind. Das Gehirn kann Fett nicht als Treibstoff verwenden. Der Vorteil der Ketonkörper ist, dass sie eine alternative Energiequelle für das Gehirn darstellen, wenn die Kohlenhydratzufuhr eingeschränkt ist.
Lösen auch andere Low-Carb-Diäten Ketose aus?
Andere kohlenhydratarme Diäten wie die Atkins- oder Paleo-Diät schränken den Kohlenhydratkonsum ebenfalls ein, unterscheiden sich jedoch in anderen Aspekten von der ketogenen Diät.
„Die Atkins-Diät zum Beispiel enthält wenig Kohlenhydrate, aber relativ viel Protein. Und Protein kann Ketose verhindern. Denn beim Verzehr von Protein wird Insulin ausgeschüttet. Das verringert die Menge an Fett im Blutkreislauf, die der Leber zur Umwandlung in Ketonkörper zur Verfügung steht“, erklärt Dr. Gonzalez.
Keto-Diät und Gewichtsverlust
Es gibt viele Belege dafür, dass die ketogene Diät im Durchschnitt zu Gewichtsverlust führt. Im Vergleich zu anderen Diäten scheint sie nicht unbedingt effektiver zu sein, doch viele berichten von deutlichen Erfolgen beim Abnehmen.
„Bei der Keto-Diät kann es mehrere Effekte geben. Manche bemerken Veränderungen im Energieverbrauch und haben das Gefühl, mehr zu essen und trotzdem abzunehmen. Es gibt keine ausreichenden Beweise für Veränderungen im Energieverbrauch bei ketogener Ernährung, aber der Gewichtsverlust scheint eher mit einer geringeren Kalorienaufnahme zusammenzuhängen“, sagt der Professor.
Der Gewichtsverlust kann auch durch hormonelle Veränderungen bei dieser Ernährungsweise verursacht werden. Vielleicht ist die Erklärung aber auch ganz einfach: Die Einschränkung eines Hauptnährstoffs reduziert die Auswahl an Lebensmitteln und hilft somit, insgesamt weniger Kalorien zu konsumieren.
Auch psychologische Effekte spielen eine Rolle, da die Lebensmittel auf der Keto-Diät untypisch sind und Menschen das Gefühl haben, gar keine Diät zu machen. Obwohl sie viel essen, nehmen sie letztlich weniger Kalorien zu sich.
Ein weiterer Faktor ist die Motivation, betont Prof. Gonzalez, denn in den ersten Tagen der ketogenen Diät kommt es häufig zu schnellem Gewichtsverlust.
„Das ist aber meist kein Fettverlust. Es handelt sich vor allem um Glykogen, die gespeicherte Form von Kohlenhydraten. Und auch Wasser wird schnell verloren, da Glykogen mit Wasser gespeichert wird. Auch wenn es sich nicht um echten Fettverlust handelt, kann der sichtbare Gewichtsverlust auf der Waage ein motivierender Faktor sein, der hilft, die Diät länger durchzuhalten und schließlich tatsächlichen Fettabbau zu erreichen.“
Unerwünschte Wirkungen der Keto-Diät
Prof. Gonzalez sagt, es gibt einige Nebenwirkungen – oder zumindest Risiken –, über die man Bescheid wissen sollte. Eines der deutlichsten ist der Anstieg des LDL-Cholesterins („schlechtes Cholesterin“), das mit Arteriosklerose und Herzkrankheiten in Verbindung gebracht wird.
Gonzalez und sein Team führten kürzlich eine Studie zu den gesundheitlichen Auswirkungen der ketogenen Diät durch. Die Teilnehmer wurden in drei Gruppen aufgeteilt: eine folgte der Keto-Diät, eine behielt ihre normale Ernährung bei, und eine dritte erhielt eine Ernährung mit hohem Kohlenhydratanteil, aber reduziertem Zuckerkonsum. Die Studie dauerte 12 Wochen.
„Wir stellten fest, dass die Keto-Diät zu Gewichtsverlust führte. Aber sie verursachte auch einen Anstieg des LDL-Cholesterins, sowie Veränderungen im Darmmikrobiom und in der Reaktion auf Kohlenhydrate – die Teilnehmer konnten ihren Blutzucker nach der Diät nicht mehr so gut regulieren“, erklärt Gonzalez.
Wahrscheinlich handelt es sich dabei um kurzfristige Effekte, so der Professor, und die Blutzuckerregulierung normalisiert sich recht schnell nach Wiedereinführung von Kohlenhydraten – das müsste jedoch weiter untersucht werden.