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Warum verlieben sich psychisch Kranke oft ineinander? Neue Studie mit 15 Millionen Menschen

Warum verlieben sich psychisch Kranke oft ineinander? Neue Studie mit 15 Millionen Menschen

Eine neue Studie mit 15 Millionen Menschen zeigt, dass psychisch kranke Personen oft einander als Partner wählen – und dass dies auch ihre Kinder betrifft. 

Manche Menschen haben das Bedürfnis, sich 20 Mal am Tag die Hände zu waschen, andere können aufgrund einer Depression tagelang nicht aus dem Bett aufstehen. Wieder anderen fällt es schwer, die rasenden Gedanken in ihrem Kopf zu kontrollieren - schreibt Sombor.info.

Mehr als eine Milliarde Menschen leiden an psychischen Erkrankungen. Dies berichtete kürzlich die Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Das klingt nach einer großen Zahl. Gleichzeitig deutet diese Angabe darauf hin, dass die Mehrheit der Menschen auf der Welt psychisch gesund ist.

Dennoch scheint es, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen häufiger Kontakte zu anderen haben, die ebenfalls psychisch krank sind. Dies zeigt eine neue Studie, die in der Zeitschrift "Nature Human Behavior" veröffentlicht wurde.

Schizophrenie, Depression, Angst: Partner sind oft gleichzeitig betroffen

Für ihre Studie untersuchten die Forscher Daten von fast 15 Millionen Menschen. Dabei betrachteten sie neun Krankheitsbilder: Schizophrenie, bipolare Störungen, Depression, Angststörungen, ADHS, Autismus, Zwangsstörung (OCD), Drogenmissbrauch und Anorexie. 

Wenn bei einem Partner eine dieser neun Erkrankungen diagnostiziert wurde, war die Wahrscheinlichkeit deutlich höher, dass auch beim anderen Partner eine psychische Erkrankung festgestellt wurde. Oft handelte es sich um dieselbe Krankheit.

"Man würde denken, dass jemand, der ängstlich oder depressiv ist, einen stabilen Partner sucht, der Sicherheit gibt", sagt Robert Plomin, Professor für Verhaltensgenetik am King’s College London, der nicht an der Studie beteiligt war. "Aber genau das Gegenteil ist der Fall!"

Eine Einschränkung der Studie sei seiner Meinung nach, dass man den Anhang einsehen müsse, um herauszufinden, wie stark die Korrelation tatsächlich ist. Das sei ungewöhnlich und etwas unfair, so Robert Plomin. Dennoch sei der Effekt stabil, und die Anzahl der untersuchten Personen verleihe der Studie Gewicht. 15 Millionen Menschen – das ist ziemlich beeindruckend, sagt er.

Ähnliche Ergebnisse in Europa und Asien

Die ersten Hinweise darauf, dass sich psychisch Kranke häufiger mit anderen psychisch Kranken zusammentun, stammen aus den 1960er-Jahren. Die damaligen Studien waren jedoch meist klein. Erst vor weniger als zehn Jahren wurde die erste größere Studie durchgeführt, die jedoch nur Menschen aus Nordeuropa untersuchte. 

In dieser Studie wollte das Team um den Bevölkerungs- und Genetikforscher Chun Chieh Fan vom Laureate Institute for Brain Research in Oklahoma herausfinden, ob dieses Muster der Partnerwahl in verschiedenen Kulturen vorkommt. Dafür sammelten sie Daten in drei verschiedenen Ländern: Dänemark, Schweden und Taiwan.

"Überraschend war, dass die Ähnlichkeitsmuster nahezu identisch waren, unabhängig vom Land", sagt Studienautor Fan.

Unterschiede wurden nur bei Zwangsstörungen, bipolaren Störungen und Anorexie festgestellt. In Taiwan war es beispielsweise wahrscheinlicher, dass Ehepartner beide an einer Zwangsstörung litten als in Nordeuropa.

Eine weitere Erkenntnis: Bei den meisten Erkrankungen blieb die Wahrscheinlichkeit, dass Partner dieselbe Diagnose erhielten, über Jahrzehnte hinweg stabil. Dies zeigen Daten aus Taiwan, die über mehr als 50 Jahre gesammelt wurden. Bei Drogenmissbrauch stieg die Wahrscheinlichkeit sogar an. Nur bei Zwangsstörungen nahm sie ab. 

"Und das trotz der Tatsache, dass sich das Gesundheitssystem, die Politik und die Gesellschaft in Taiwan in dieser Zeit erheblich verändert haben", sagt Chun Chieh Fan.

Warum psychisch Kranke sich oft finden

Aber warum sind psychisch Kranke häufiger mit Menschen mit ähnlichen Eigenschaften zusammen? Dafür gibt es drei Gründe: Erstens suchen sie jemanden, der ihnen ähnlich ist. Zweitens macht ein gemeinsames Umfeld sie ähnlich krank. Drittens schränkt das Stigma im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen die Partnerwahl ein.

Eine Zeit lang wurde angenommen, dass gerade die erste Option die Menschen zusammenbringt, sagt Studienautor Fan. Demnach wählen Menschen Partner mit ähnlichen Eigenschaften. Fachlich nennt man dies "assortative Partnerwahl". 

Mögliche Gründe könnten sein, dass die andere Person die Krankheit besser versteht. Oder dass sie ähnliche positive Eigenschaften teilen – zum Beispiel beide kreativer sind als andere Menschen.

Worauf die Studie keine Antwort geben kann, ist: Was war zuerst – die Beziehung oder die psychische Krankheit? Dafür wären langfristige Beobachtungen interessant, sagt Robert Plomin.

Ebenfalls unklar bleibt: Geht es psychisch kranken Ehepartnern in ihrer Ehe tatsächlich gut? Bedeutet ein ähnlicher psychischer Zustand ein Rezept für eine gute Beziehung, oder verschlimmert er die Krankheit? Auch hier fehlen langfristige Beobachtungen.

Kurz gesagt: Aus der Studie lassen sich keine Empfehlungen für die Partnerwahl ableiten.

Auch die Kinder leiden (und erkranken)

Die Forscher fanden jedoch heraus, dass Kinder, deren Eltern dieselbe Krankheit haben, doppelt so häufig eine psychische Erkrankung entwickeln wie Kinder, bei denen nur ein Elternteil betroffen ist. 

"Die Partnerwahl erhöht die Möglichkeit der Weitergabe psychischer Krankheiten", sagt Fan. Besonders stark war der Effekt bei Schizophrenie, Depression, bipolaren Störungen und Suchterkrankungen.

Für Ärzte und Therapeuten bedeutet dies, auch die Familie in die Behandlung einzubeziehen. Partner und Kinder der Betroffenen könnten ebenfalls von einer Therapie profitieren - schreibt B92.

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