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Erhöhen Sonnenschutzmittel das Hautkrebsrisiko?

Erhöhen Sonnenschutzmittel das Hautkrebsrisiko?

In sozialen Netzwerken kursieren falsche und falsch interpretierte Informationen über Sonnenschutz und Hautkrebs. Schützen Sonnenschutzmittel vor Melanomen oder erhöhen sie tatsächlich das Risiko für Hautkrebs?

Derzeit verbreiten sich auf sozialen Medien Warnungen über ein angebliches Hautkrebsrisiko durch Sonnenschutzmittel. Obwohl ultraviolette Strahlen die Hauptursache für Melanome sind und Sonnenschutzmittel diese Strahlen abwehren, raten manche vom Gebrauch ab und stellen sie als potenzielle Gefahr dar.

Ist etwas Wahres dran?

Behauptung: "Es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass in Ländern mit dem höchsten Gebrauch von Sonnenschutzmitteln auch die meisten Hautkrebsfälle auftreten. Je mehr Sonnenschutz verwendet wird, desto mehr Hautkrebsfälle gibt es", schrieb Ende Juni ein Nutzer der Plattform X aus den USA mit 58.000 Followern.

Auch auf TikTok gibt es Videos, die vor einem angeblichen Hautkrebsrisiko durch Sonnenschutzmittel warnen.

Faktencheck von DW: falsch

Diese Warnungen sind unbegründet.

"Es gibt keine wissenschaftlichen Belege für einen Zusammenhang zwischen erhöhtem Krebsrisiko und der Verwendung von Sonnenschutzmitteln", sagte Brittany Schaefer vom öffentlichen Gesundheitsinstitut des US-Bundesstaates Connecticut gegenüber der DW.

Der X-Nutzer nennt das Tumorregister von Connecticut als Quelle. Sprecherin Schaefer erklärt, dass diese Behauptungen nicht korrekt seien:

"Die ursprünglichen Krebsinzidenzdaten stammen wahrscheinlich aus dem CTR – einem Register von vor einigen Jahrzehnten –, aber der zusätzliche Text über Sonnenschutzmittel gehört nicht zu diesen Daten. Die Herkunft der aktuellen Grafik ist unklar, sie stammt jedenfalls nicht vom CTR oder vom Gesundheitsministerium Connecticuts."

Mehr Schutz, mehr Melanome?

Warum steigt dann die Zahl der Hautkrebsfälle weltweit, obwohl immer mehr Menschen Sonnenschutzmittel verwenden? Eine internationale Studie von Forschern aus den USA, der Schweiz, Deutschland und Ungarn vom Dezember 2023 nennt fünf Hypothesen zur Erklärung dieses Widerspruchs.

Der Basler Studie zufolge sind folgende Faktoren für die Mythen über Sonnenschutz und Krebsrisiko verantwortlich:

verstärkte Diagnostik
bessere Behandlungsmöglichkeiten
veraltete wissenschaftliche Studien
unregelmäßige und falsche Anwendung von Sonnenschutzmitteln
Klimawandel

Hohe Inzidenz in Australien

Das wachsende Bewusstsein bei Patienten und Ärzten für Hautkrebsrisiken führt zu häufigerer Meldung und Erfassung von Fällen. Trotz steigender Inzidenz sinkt laut der Internationalen Agentur für Krebsforschung die Sterblichkeitsrate weltweit dank besserer Therapien.

Laut den Daten der World Cancer Research Fund aus dem Jahr 2022 hatte Australien mit 37 Fällen pro 100.000 Einwohner die höchste altersstandardisierte Hautkrebsrate, gefolgt von Dänemark (31,1), Norwegen (30,6), Neuseeland (29,8) und Schweden (27,4).

Nach Gesamtzahl der Hautkrebsfälle im Jahr 2022 lagen die USA mit 101.388 Fällen an erster Stelle, Deutschland mit derselben Inzidenzrate von 16,5 verzeichnete 21.976 Fälle und belegte Platz zwei.

Bei den Todesfällen im Jahr 2022 waren die USA mit 7.368 Todesfällen erneut an erster Stelle, Deutschland lag mit 3.303 Todesfällen an vierter Stelle hinter China und Russland. Diese Statistik zeigt, dass eine hohe Erkrankungsrate nicht gleichbedeutend mit einer hohen Sterblichkeit ist.

Veraltete Studien

Ein weiterer möglicher Grund für den Anstieg der Hautkrebsfälle ist die Tatsache, dass immer mehr Menschen Zeit in der Sonne verbringen. Auch wenn sie Sonnenschutzmittel benutzen, heißt das nicht, dass sie sie richtig anwenden.

Das Fehlen moderner wissenschaftlicher Studien trägt zur Verbreitung veralteter Narrative bei. Die US-Arzneimittelbehörde FDA begann erst 2011 mit der Regulierung von Sonnenschutzmitteln. Frühere Studien basierten wahrscheinlich auf Mitteln mit deutlich niedrigerem Schutz als heute.

Sonnenschutz – ein lukrativer Markt
Aber nutzen Menschen in Ländern mit hoher Hautkrebsrate (Neuseeland, Australien, Schweden, Norwegen, Kanada und USA) wirklich häufiger Sonnenschutz, wie im Netz behauptet wird?

Es stimmt, dass der weltweite Verkauf von Sonnenschutzmitteln zunimmt. Laut Herstellern wird der Markt bis 2028 einen Wert von 13,553 Milliarden US-Dollar erreichen. Der größte Markt sind die USA, gefolgt von China und Südkorea.

Wie Sonnenschutzmittel in der Praxis verwendet werden, ist jedoch eine andere Frage. Laut dem Australischen Statistikamt verwenden 38 Prozent der über 15-Jährigen regelmäßig Sonnenschutz.

Dennoch berichteten fast sieben Prozent der Befragten von Sonnenbränden in der Woche vor der Befragung. Bei den 15- bis 24-Jährigen lag dieser Wert sogar bei 15 Prozent.

Sonnenschutz nur im Urlaub

In den USA ergab eine Umfrage des Talker Research Instituts vom Mai dieses Jahres, dass weniger als 41 Prozent der 2.000 Befragten Sonnenschutzmittel an mehr als 60 Tagen im Jahr verwenden. 13 Prozent gaben an, sie verwendeten sie gar nicht.

Auch in Deutschland, einem Land mit hoher Hautkrebsrate, ergab eine Online-Umfrage vom August 2024, dass etwa 51 Prozent der Menschen Sonnenschutz nur im Sommer oder bei direkter Sonneneinstrahlung verwenden.

Sybille Kohlstädt, Sprecherin des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg, warnt, dass man aufgrund fehlender valider Daten keine falschen Schlüsse ziehen sollte:

"Im Gegensatz zu den bestehenden Daten über die weltweite Zunahme von Hautkrebs gibt es keine nationalen Statistiken, die die Verwendung von Sonnenschutzmitteln präzise erfassen und mit der Krebsinzidenz in Verbindung bringen."

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