
Wessen Armee ist die stärkste in Europa – Polen hat das größte Verteidigungsbudget, Deutschland plant es zu übertreffen
Deutschland und andere europäische Staaten kündigen an, bis zu fünf Prozent des BIP in das Militär zu investieren. Wer sind die größten Militärmächte des Kontinents, wo liegen ihre Stärken und wo ihre Schwächen?
Berlin erhöht die Verteidigungsausgaben nicht so sehr, weil es der US-Präsident Donald Trump fordert, sondern weil auch in Deutschland das Bewusstsein wächst, dass man militärische Aggressionen nicht mit schönen Worten aufhalten kann.
So kündigt etwa der neue deutsche Außenminister Johann Wadephul an, dass die neue Bundesregierung künftig bis zu fünf Prozent des BIP in die Verteidigung investieren solle. Das sagte er beim Treffen der NATO-Außenminister im türkischen Antalya – berichtet RTS.
Deutschland unterstützt laut dem Minister den Vorschlag des NATO-Generalsekretärs Mark Rutte, 3,5 Prozent für militärische Zwecke und zusätzliche 1,5 Prozent für die Verteidigungsinfrastruktur bereitzustellen.
Endgültige Entscheidungen und Pläne aller NATO-Mitglieder werden voraussichtlich erst auf dem NATO-Gipfel Ende Juni in Den Haag bekannt gegeben.
Auch Kanzler Friedrich Merz kündigte in seiner Bundestagsrede an, die Bundeswehr zur "konventionell stärksten Armee Europas" entwickeln zu wollen.
Aber auch andere europäische Staaten setzen sich ehrgeizige Ziele.
Polen: Bollwerk an der Ostflanke
Polen investiert seit Jahren massiv in seine Streitkräfte, um die stärkste Landstreitmacht Europas zu werden. Im letzten Jahr flossen 4,12 Prozent des BIP in den Verteidigungshaushalt.
Das Hauptziel Warschaus ist, so effektiv bewaffnet zu sein, dass Russland es nicht einmal in Erwägung zieht, das Land anzugreifen.
Die polnische Armee zählt derzeit etwa 150.000 Soldaten in der Berufsarmee und Territorialverteidigung. Bis 2035 soll diese Zahl auf 300.000 steigen.
Es erfolgt eine Modernisierung mit moderner Militärtechnik – über 600 Panzer, unter anderem aus Südkorea und den USA bestellt, HIMARS-Raketensysteme, Drohnen und künftig auch F-35-Kampfjets sollen zur Ausrüstung der Infanterie und Luftwaffe Polens gehören.
Die polnische Marine hingegen gilt als relativ schwach.
Deutschland: Vom Zögern zur Führungsrolle
Die angekündigte Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent des BIP würde eine historische Wende in der Sicherheitspolitik Deutschlands bedeuten.
Seit dem Ende des Kalten Krieges setzte die Bundesrepublik Deutschland auf internationale Zusammenarbeit, Diplomatie und eine "Kultur militärischer Zurückhaltung". Einen Wendepunkt markierte die Rede von Kanzler Olaf Scholz am 27. Februar 2022 – drei Tage nach dem russischen Angriff auf die Ukraine – bekannt als "Zeitenwende".
Unmittelbar danach richtete die Bundesregierung einen Sonderfonds in Höhe von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr ein. Die regulären Verteidigungsausgaben für 2024 betragen etwa 90 Milliarden Euro, was rund 2,1 Prozent des BIP entspricht. Eine Erhöhung auf fünf Prozent würde einen jährlichen Verteidigungshaushalt von über 160 Milliarden Euro bedeuten.
Verdoppelte Ausgaben würden den Staatshaushalt stark belasten, und zusätzliche Mittel sind bisher nicht gesichert.
Die Bundeswehr zählt derzeit rund 182.000 aktive Soldaten. Das Verteidigungsministerium plant bis 2031 eine Erhöhung auf mindestens 203.000, gelegentlich wird auch ein Ziel von 240.000 genannt.
Die Modernisierung umfasst alle Waffengattungen – alte Panzer, Flugzeuge und Kriegsschiffe müssen ersetzt werden, zudem wird auf Digitalisierung und Verbesserung der Befehlsstruktur gesetzt, da viele Waffen und Ausrüstungen in deutschen Beständen "nur auf dem Papier" existieren, weil es früher an Mitteln für deren Instandhaltung fehlte.
Wichtige Industrieakteure in Deutschland sind Rheinmetall, Airbus Defence and Space und die Diehl-Gruppe, doch auch internationale Kooperationen nehmen zu, da der Export von großer Bedeutung ist.