
Wir präsentieren die Legende: Das revolutionäre Renault 4
Der Renault Quatrelle, besser bekannt als „4“ oder „R4“, hat nie Designpreise gewonnen und die französische Automobilindustrie nicht so stark modernisiert wie der Konkurrent Citroën 2CV („Ente“), aber er hat für den durchschnittlichen Autofahrer viel mehr getan.
Mit einer Karriere von 31 Jahren und über acht Millionen verkauften Exemplaren in mehr als 100 Ländern läutete die „Vier“ eine Revolution in Europa für die sogenannten „Babyboomer“ (die Nachkriegsgeneration) ein, der später andere Hersteller folgten – womit sie sich ihren Platz in der Geschichte definitiv verdient hat.
Die Geschichte dieses Autos beginnt 1956, als Renault nach einem Ersatz für das beliebte, aber veraltete Modell 4CV suchte. Dieses Auto wurde seit 1946 produziert und war das erste französische Fahrzeug, das die Millionengrenze überschritt. Doch mit dem rasanten Fortschritt der Nachkriegsindustrie wirkte der 4CV in den 1950ern bereits veraltet. Renault-Chef Pierre Dreyfus glaubte, dass das Unternehmen ein völlig neues Modell brauchte, um auf dem Markt zu bestehen.
Frankreich und das zerstörte, aber sich erholende Europa hatten sich verändert – die Kunden verlangten nun bessere Autos als die Vorkriegsmodelle.
Die Entwicklung des Renault 4
Dreyfus versammelte ein Team von Ingenieuren und Designern und verlangte ein Auto, das „wie eine blaue Jeans“ sein sollte: funktional für viele Aufgaben, aber erschwinglich genug, dass die meisten Kunden es problemlos kaufen konnten. Zielgruppe waren neben jungen Käufern auch Familien, Landwirte und – ganz wichtig – Frauen.
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Die Entwicklung verlief schnell, obwohl sich Ingenieure und Designer bei einigen Details uneinig waren. Die größte Frage betraf den Motor – die Wahl fiel schließlich auf einen luftgekühlten Vierzylinder mit Frontantrieb. Renault testete zahlreiche Prototypen unter extremen Bedingungen – von europäischen Straßen über sibirische Kälte bis zu südamerikanischen Regenwäldern – bis alle Probleme behoben waren.
Beim Design setzte Renault auf Funktionalität: Marktforschungen zeigten, dass Kunden mehr Wert auf Platz und Fahrkomfort legten als auf Stil. Trotz seiner kompakten Größe (nur 3,6 Meter lang) bot der R5 Platz für fünf Personen und eine praktische Heckklappe. Optisch ähnelte er dem Renault Dauphine, war aber deutlich praktischer. Nach Diskussionen entschied man sich schließlich für den Namen „R4“.
Der Renault 4 debütiert auf dem Pariser Autosalon
1961 wurde der R4 auf dem Pariser Autosalon präsentiert und zog sofort Aufmerksamkeit auf sich. Renault bot drei Versionen an: das Basismodell mit 603 cm³ (23 PS), eine besser ausgestattete Variante mit 747 cm³ (27 PS) und den „Luxus“-R4L mit 32 PS. Alle hatten ein Dreiganggetriebe und Frontantrieb.
Im Vergleich zu früheren Renault-Modellen brachte die „Vier“ Innovationen wie Frontantrieb und ein modernes Design. Die Presse lobte sie als „Schweizer Taschenmesser“ für ihre Vielseitigkeit. Trotz des niedrigen Preises (umgerechnet etwa 5.000 Euro) setzte Renault auf aggressive Werbung.
Ein cleverer Marketing-Gag: 200 R4 fuhren in einer Kolonne durch Europa. Interessenten winkten einfach, und die Fahrer hielten für Probefahrten an. Die Nachfrage explodierte – über 15.000 Verkäufe im ersten Monat. 1962 kam der Kleintransporter „Fourgonette“ hinzu, und der R4 nahm sogar an der Rallye Monte Carlo teil (wenn auch ohne Erfolg).
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Die Produktion expandierte nach Irland und Jugoslawien, um die jährliche Nachfrage von 200.000 Einheiten zu decken. 1963 erschien die Sonderedition „La Parisienne“ exklusiv für Frauen – heute ein begehrtes Sammlerstück. Vier Fahrerinnen bewiesen die Zuverlässigkeit des R4, indem sie von Südamerika nach Alaska fuhren (über 10.000 km!).
1967 wurde das millionste Exemplar verkauft, und der R4 erhielt ein leichtes Facelift. Trotz des Nachfolgers Renault 6 (1968) blieb die „Vier“ beliebt – vor allem in Südamerika, wo sie in Kolumbien, Mexiko und Chile produziert wurde. Mit dem Erscheinen des Renault 5 (1972) gab es einen weiteren Konkurrenten, doch die Verkaufszahlen blieben stabil.
1978 erschien die Sportversion GTL mit 1,1-Liter-Motor (33 PS), aber ohne optische Änderungen. In den 1980ern plante Renault zwei Nachfolger (Projekt Z und X49), doch die Wirtschaftskrise verlängerte die Produktion des R4 in Europa bis 1986 (in Südamerika bis 1992). Der endgültige Nachfolger Twingo debütierte erst 1992.
Neue Sicherheits- und Abgasnormen besiegelten das Ende der „Vier“ nach 31 Jahren und über acht Millionen Exemplaren. Doch ihr Kultstatus bleibt ungebrochen – bis heute ist der R4 in Filmen, Rallyes und auf Oldtimer-Treffen zu sehen. Und alles begann mit dem Traum, das Nachkriegseuropa zu mobilisieren...